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Deutschland

Wie ich heute fremdenpolizeilich behandelt wurde

Ich bin gerade in Köln angekommen, wo ich heute nachmittag für Teilnehmer_innen des „Freiwilligen Ökologischen Jahres“ einen Vortrag halten soll. Wie fast immer nehme ich auch für längere Reisen am liebsten die Bahn. Früher genoss ich dafür die Sechserabteile in denen man die Sitzbänke ausziehen konnte, heute kann ich mir einen komfortablen Schlafwagen leisten, auch wenn der absurderweise meist teurer als ein Flug ist – dank der Subventionierung des klimaschädlichen Flugverkehrs durch uns Steuerzahler_innen. Und ja, ich schlafe im schaukelnden Zug normalerweise wie ein Baby in einer Wiege. Also super.

Nicht so heute nacht. Gegen halb ein Uhr früh stürmten nämlich zwei deutsche Polizeibeamte den Waggon, klopften heftig an die Türen und schrien „Polizei, aufmachen!“, um dann mit Taschenlampen die Abteile auszuleuchten. Als die überaus freundliche Zugbegleiterin herbeieilte, wurde auch sie angebrüllt, ob hier Syrer oder Iraker versteckt seien. Ich fragte daraufhin etwas verpennt warum sie Syrer_innen oder Iraker_innen suchten? „Wegen krimineller Handlungen.“ – „Welche kriminellen Handlungen?“ – „Illegaler Grenzübertritt!“ – „Und was soll, bitteschön, daran kriminell sein, aus Syrien oder dem Irak zu flüchten, wo Menschen verfolgt und abgeschlachtet werden?“, fragte ich, bemüht, die Fassung zu bewahren. „Wir tun hier nur unsere Pflicht, gehen Sie zurück in Ihr Abteil!“

Das tat ich nicht, sondern blieb am Gang stehen, um die Amtshandlung weiter zu beobachten. „Gehen Sie sofort zurück in Ihr Abteil“, schrie mich die Polizistin an. „Nein, das werde ich nicht tun. Ich bin österreichischer Landtagsabgeordneter und ich möchte sehen was Sie hier tun. Ich halte das nämlich für reichlich unangemessen“, antwortete ich, während Sie die nächsten Abteiltüren aufrissen und mit ihren Taschenlampen auf die schlafenden Fahrgäste leuchteten. „Zeigen Sie mir sofort Ihren Ausweis“, brüllte mich die Polizistin nun noch wütender an. Ich wies meinen Abgeordnetenausweis und meinen Führerschein vor. Ich reise seit Jahren nur mehr mit Führerschein durch Europa – in der irrigen Annahme, im vereinten Europa keinen Reisepass mehr zu brauchen.

„Das ist kein gültiges Reisedokument, Sie sind hier illegal aufhältig und müssen wieder zurück nach Österreich“, herrschte mich die Polizistin an. „Das ist jetzt nicht Ihr Ernst, oder?“ Um acht Uhr sollte ich in Köln sein, um dort auf Einladung der Umweltbehörde des Landes Nordrhein-Westfalen meinen Vortrag zu halten. Die Polizistin ging nun telefonieren, der Zug wurde eine halbe Stunde im Passauer Bahnhof aufgehalten, ihr Kollege drängte zur Eile, ich stand etwas ratlos daneben. Dann kam sie, gab mir meine Ausweise zurück und meinte, ich dürfe ausnahmsweise weiterfahren, müsse aber 25 Euro Strafe zahlen. Das wollte ich gerne machen, schon allein um einen schriftlichen Beleg für meine kriminelle Fehlinterpretation der europäischen Reise- und Niederlassungsfreiheit in Form einer Quittung zu erhalten. Daraufhin änderte die Beamtin ihre Meinung und erließ mir die Strafe. Ich: „Nein, ich bestehe darauf die Strafe zu zahlen.“ – „Das können Sie nicht, ich kann selbst entscheiden ob Sie eine Strafe zahlen oder nicht, das sollten Sie als Politiker wissen.“ Wusste ich nicht, genauso wie ich nicht wusste, dass ich als Österreicher in Deutschland einen Pass brauche und dass die drittreichste Demokratie der Welt auf der Suche nach syrischen Flüchtlingen spätnachts Passagierzüge stürmen muss, als stünde eine kriegerische Invasion vor der Tür, und hielt mich schön langsam selber für ziemlich doof.

Die beiden Sicherheitsorgane zogen weiter, da drehte sich der Beamte noch einmal um: „Nur so aus Interesse: Von welcher Partei sind Sie eigentlich?“ – „Grüne, wieso?“ – „Na war ja eh klar.“ Wenigstens unser Ruf stimmt.

PS: Im Anschluss an die Szene erzählte mir die Zugbegleiterin der privaten Schlafwagengesellschaft, dass auch sie, obwohl in Uniform, äußerst unfreundlich beamtshandelt und ihre gesamtes Gepäck durchleuchtet wurde. Wir waren uns einig, dass diese paranoide Polizeiaktion unser subjektives Sicherheitsgefühl nicht gestärkt hatte. Und wir sind noch die, die es in diesem vereinten und friedlichen Europa ziemlich gut erwischt haben.

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Zündfunk: 10 Jahre Gipfelsturm – Und jetzt?

Bayern 2: ZÜNDFUNK – Generator vom 26.7.09

Hier anhören

Zehntausende demonstrieren im November 1999 gegen den Millenniumsgipfels der Welthandelsorganisation WTO. Heftige Straßenschlachten rufen zum ersten Mal eine neue Protestbewegung ins Bewusstsein der Öffentlichkeit: die Globalisierungskritik ist geboren. Schon ein Jahr zuvor hat sich in Frankreich der Verein Attac gegründet. Sein Motto: „Eine andere Welt ist möglich!“ Was ist aus der globalisierungskritischen Bewegung geworden? Hat das Ringen um eine „andere Welt“ Erfolge gezeigt? Darüber hat der Zündfunk am 14. Juli in München im Café Muffathalle diskutiert.

TeilnehmerInnen:

KLAUS WERNER-LOBO
NICOLE GOHLKE,  Die Linke
ULRICH BRAND, Bundeskongress Internationalismus
HAGEN PFAFF, Attac München

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jetzt.de: Zum Beispiel Festung Europa

jetztde Vor ein paar Wochen habe ich hier Vorschläge gemacht, was jeder und jede Einzelne von uns zu einer besseren Welt beitragen kann – und dabei vor allem auf Selbstvertrauen, Information, Solidarität und Zivilcourage Wert gelegt.

Der deutsche Journalist und Menschenrechtsaktivist Elias Bierdel ist einer, der all das seit langem praktiziert. Gemeinsam mit dem Schiffskapitän Stefan Schmidt hat er 37 Schiffbrüchige vor dem Ertrinken gerettet. Die Geretteten waren Menschen, die von Afrika nach Europa fliehen wollten. Und deshalb soll nun gezielt die Existenz ihrer Retter zerstört werden: Beiden drohen vier Jahre unbedingte Haft und eine Geldstrafe von je 400.000 Euro. Kommende Woche findet im sizillianischen Agrigent der entscheidende Prozess statt.

Was ist passiert? …

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Ich mag den Osten

Erstens muss einmal gesagt werden, dass Görlitz/Zgorzelec die schönste Stadt Deutschlands ist. Die mittelalterliche Altstadt ist von Kommerzarchitektur noch kaum behelligt, und dann ist das von seiner Bevölkerung in Ermangelung wirtschatlicher Perspektiven zunehmend verlassene Städtchen auch noch so großzügig, ganze zwei Länder in sich zu beherbergen, obwohl sich seine deutschen und polnischen BürgerInnen oftmals gar nicht grün sind.

Mein Vortrag dort wurde von der Online-Tageszeitung Ethiker sehr ausführlich kommentiert und mittels Bildstrecke der Ewigkeit anheimgestellt.

Auch Rostock ist mindestens fünfzigmal so gut wie sein Ruf. Sehr norddeutsch, sehr nett, wie fast alle Norddeutschen. Mit dem gewissen Etwas des Ostens, das man mir glaubwürdig als Folge einer dann eben doch stärkeren Erziehung zur Solidarität beschrieben hat. Mal sehen wie lange das noch hält.

Mein Vortrag gemeinsam mit Toralf Staud („Wir Klimaretter„) und das anschließende Konzert gestern waren gut besucht, auch diesmal wurde Benzin verschüttet und Feuer in die Herzen gelegt. (Foto: Nordeutsche Neueste Nachrichten)

Update: Bericht der Zeitung Neues Deutschland über den Vortrag in Rostock.

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Vorträge und Workshops in Deutschland

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Deutschland wählt – ich nicht

Deutschland ist der beste Beweis für das Nichtfunktionieren der repräsentativen Demokratie. Wenn Wahlen etwas ändern würden, dann wären sie verboten, lautet ein alter anarchistischer Spruch. Was haben Rot-Grün geändert? Sie haben den Anteil erneuerbarer Energien bemerkenswert gesteigert und planen den Atomausstieg. Das ist löblich, war’s dann aber auch schon.

Rot-Grün hat vor allem Politik für Konzerne gemacht, diese steuerlich entlastet und hochsubventioniert – und damit aber keinen einzigen Arbeitsplatz gerettet. Im Gegenteil, je höher die Konzerngewinne steigen, desto mehr wird wegrationalisiert und ausgelagert. Schröders Politik hat die Reichen reicher und die Armen ärmer gemacht. Und Fischers Außenpolitik ist ein Paradebeispiel für Neokolonialismus: Das drittreichste Land der Welt setzt in den internationalen Institutionen wie WTO und Weltbank, mit seiner Rohstoff-, Atomexport- und Schuldenpolitik regelmäßig die Interessen deutscher Konzerne gegen das Ziel der weltweiten Armutsbekämpfung durch. Ganz zu schweigen von der Menschen verachtenden Migrationspolitik von Schily und Co.

Als einziges Argument für Rot-Grün bleibt also, dass Schwarz-Gelb der noch größere Horror wäre. Und dessen kann man sich wenigstens sicher sein.

Dann wäre da noch die sogenannte Linke. Mein Vertrauen in die beiden narzistischen Gecken Gysi und Lafontaine ist enden wollend. Aber in der Politik geht es ja nicht um Vertrauen, sondern um nüchterne Pragmatik, oder? Und in der gegenwärtigen Situation hat die sogenannte Linke das Potenzial, korrigierend in machtpolitische Entscheidungen einzuwirken, ohne selbst allzuviel Macht zu kumulieren. Eine gestärkte Linke als Zünglein an der Waage wäre also ein Korrektiv, brächte eine gewisse Transparenz und öffentliche Aufmerksamkeit für die breite Unzufriedenheit über die Korruption der kapitalistischen Eliten. Laut Wahl-o-mat würde ich die sogenannte Linke wählen – wenn ich nicht nicht wählen würde.

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Megaphon: „Nachrichten, Sommer 04“

Im Juli 2004 verkündet die rot-grüne Regierung in Deutschland massive Einschnitte bei der sozialen Absicherung von Erwerbslosen. Diskutiert werden sogar Hausdurchsuchungen bei den Betroffenen: In wessen Kästchen (oder dem des Partners/der Partnerin) dann mehr als 200 Euro je vollendetem Lebensjahr gefunden werden, dem oder der soll die Sozialhilfe gestrichen werden. Nach offiziellen Berechnungen werden eine halbe Million Menschen gar keine Unterstützung mehr bekommen. …

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